Goldene Geschichten auf GlasKabinettscheiben von Gotik bis Barock
Das Deutsche Glasmalerei-Museum präsentiert ein einzigartiges Konvolut von rund 100 historischen Kabinettscheiben aus einer süddeutschen Privatsammlung.
Im ausgehenden Mittelalter entsteht die Gattung der Kabinettscheiben; die Bezeichnung leitet sich ab von den Prunkzimmern der Wohlhabenden, den Kabinetten. Doch die kleinen, auf Nahsicht konzipierten, gläsernen Kostbarkeiten schmückten nicht nur Privatgemächer, sondern wurden auch in die Fenster von Rathäusern, Zunftstuben, Kreuzgängen und Privatkapellen eingelassen.
Die Linnicher Ausstellung stellt neben den Sonderformen der "Schweizer Scheibe" und der "Fensterbierscheibe" vor allem die sogenannten "Roundels" - das sind monolithe Rundscheiben - in den Mittelpunkt der Betrachtung.
Die Kabinettscheiben zeichnen sich durch eine detailreiche und nuancierte Malerei auf farblosem Glas aus. Als Malmittel dienten die seit dem Mittelalter bekannten Glasmalfarben Schwarzlot und Silbergelb. Nach 1550 kommen teilweise die schmelzbaren transluziden Emailfarben hinzu.
Die frühesten gezeigten Exponate stammen aus der Gotik; sie zeichnen sich durch den spröden Charme einer puristischen und holzschnittartigen Darstellungsform aus. Neue wissenschaftliche Errungenschaften der Renaissance, u. a. Anatomie und Zentralperspektive, führen um 1500 zu einer realistischeren und komplexeren Darstellungsform. Zwischen 1500 und 1648 lag die Blütezeit der Roundels; sie entstanden vor allem in den Niederlanden und dem heutigen Flandern.
Beliebt waren vor allem biblische Motive, u. a. aus dem Alten Testament samt den apokryphen Schriften, dem Neuen Testament, der Marienlegende und der Passionsgeschichte. Die selteneren weltlichen Themen kreisen vor allem um Allegorien, Symbolik und Mythologien.
Während die Glasmaler weitgehend unbekannt sind, verweisen selten erhaltene Glasbordüren auf Anlass und Datum der Entstehung. Oftmals lassen sich Darstellungen auf den Roundels von grafischen Vorlagen berühmter Künstler ableiten, wie z.B. Lucas van Leyden, Dirk Jacobsz Vellert oder Maarten van Heemskerk.