Gesichter im Wandel der Zeit Mit Werken aus der Sammlung Foest
Linnich 2020, Luzia Schlösser (Hg.)
Katalog zur Ausstellung im Deutschen Glasmalerei-Museum Linnich vom 19. Juli bis zum 15. November 2020
19. Juli 2020 - 21. Februar 2021
Foto: (v. l. n. r. Bürgermeisterin von Linnich Marion Schunck-Zenker, Landrat Wolfgang Spelthahn, Geschäftsführer des Museums Carlo Aretz und Museumsleiterin Luzia Schlösser)
Die Sonderausstellung im Deutschen Glasmalerei-Museum Linnich verabschiedet sich
Die Ausstellung „Gesichter im Wandel der Zeit“ war rund dreieinhalb Monate im Deutschen Glasmalerei-Museum zu sehen. Geplant war Sie für fünf Monate, aber der Lockdown wollte es anders. Dennoch haben sich viele Besucher persönlich und online für diese außergewöhnliche Präsentation, die eines der eindruckvollsten Motive, das wohl in der Kunstgeschichte dargestellt wurde, interessiert. Das Gesicht fasziniert über Jahrtausende. Am Sonntag, 21. Februar verabschiedete sich die Ausstellung „Gesichter im Wandel der Zeit“. Großer Dank gilt allen Künstlern und Künstlerinnen, die sich im Laufe der Jahrzehnte der Darstellung von Gesichtern gewidmet haben und deren Werke das Deutsche Glasmalerei-Museum zeigen durfte.
Viele Künstler haben sich im Laufe der Jahrhunderte der Malerei und der Darstellung von Gesichtern zugewandt. Zahlreiche Werke sind in der Glasmalerei als Glasfenster, andere als freie (nicht zweckgebundene) Scheiben umgesetzt worden. Es sind auch zahlreiche Gesichtsplastiken und -hohlkörper aus Glas entstanden. Um die Besonderheit und die Vielfalt der Gesichtsdarstellungen hervorzuheben, präsentierte die Ausstellung neben der Glasmalerei, auch Zeichnungen auf Karton, Acrylmalerei, Fotografien oder auch eine Skulptur aus Bronze.
International renommierte Künstler
Werke namhafter Künstler wie Jean Cocteau, Edouard Dermit, Otto Dix, Janet Brooks-Gerloff, Xenia Hausner, Helmut Kaldenhoff, Maria Katzgrau, Markus Lüpertz, Jean Marais, Julian Plodek, James Rizzi, Hella Santarossa, Josef Strater, Anton Wendling, Ernst Jansen-Winkeln waren vertreten.
Aus der Sicht der Künstler/innen des 20. und 21. Jahrhunderts wurden Werke der antiken und mittelalterlichen Gesichtsdarstellungen sowie Gesichtsdarstellungen der autonomen Avantgarde und der zeitgenössischen Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts dargestellt, ebenso die Erscheinungsformen von Gesichtern bis hin zur Pop Art.
Die Besucher, die ihren Rundgang durch die Sonderausstellung im Bereich der antiken Gesichtsdarstellungen starteten, begegneten unter anderem Werke von Markus Lüpertz. Das „Mykenische Lächeln“ von Markus Lüpertz zeigt eine erstklassige Deutung antiker Mythologie. Die präsentierte Auswahl der vom Künstler gestalteten Werke, weist in sich ruhende Gesichter in heller und markanter Farbgebung auf.
Folgte man dem Rundgang, begegnete man alt- und neutestamentarischen Darstellungen der Künstler Otto Dix, Josef Strater, Anton Wendling, Ernst Jansen-Winkeln oder Maria Katzgrau und erblickte in den Bildern die klaren Konturen der autonomen Avantgarde. Weitere Darstellungen mit experimentellen und expressionistischen Formen der zeitgenössischen Künstler wie Jean Cocteau und Edouard Dermit verdeutlichten die Vielfalt der Gesichtsdarstellungen, aber auch die Faszination der Künstler selbst an und mit ihrem Werk.
Der Künstlerin Xenia Hausner ist ein besonderes Meisterwerk zeitgenössischer Glasmalerei gelungen: Ihr Werk „Gehrdener Kreuzigung“ stellt eine herausragende Verbindung zwischen der Darstellung eines Gemäldes und der Glasmalerei her. Ihr Werk suggeriert vordergründig ein Gemälde. Die Darstellung kommt aber als Glaskunstwerk erst zur Perfektion. Die österreichische Künstlerin, setzte 2012 ihre „Gehrdener Kreuzigung“ aus fotorealistischen Armen und Frauenköpfen zusammen – barock anmutendes Getümmel im Stil der Neuen Leipziger Schule. Das Werk wurde u.a. in der Ausstellung „Glanzlichter – Meisterwerke zeitgenössischer Glasmalerei im Naumburger Dom“ in 2014 gezeigt.
Eine herausragende Besonderheit der Ausstellung war das Werk „Teufel“ von Markus Lüpertz. Es zeigt ein Detail aus der unteren Bildzone des „Himmel und Hölle“-Fensters im Marienchor, St. Andreas, Köln und ist die Zweitausführung. Es handelt sich um Mundgeblasenes Echtantikglas, Industrieglas, es ist geätzt und bemalt.
Für die Fans der Pop Art bot das Werk von James Rizzi ausreichende Farbenpracht. Die Scheibe „Bunte Köpfe“ entstammt einem Entwurf von James Rizzi, welcher als Architekturfenster 2016 in der Kreuzeskirche in Essen eingebaut wurde. Ein weiterer Entwurf Rizzis wurde ebenfalls in der Kreuzeskirche verbaut. Mit den Entwürfen für zwei große Seitenfenster hat der Pop-Art-Künstler James Rizzi (1950 – 2011) in seiner unvergleichlichen, lebendig leichten Bildersprache ein Zeichen gesetzt. In der optimistischen Farbenpracht der Kirchenfenster steckt Rizzis ganz persönliche Interpretation der Bibel für die Menschen von heute. Mit seinen fröhlichen Bildern sowie seinem einzigartigen Kunstgespür baute sich James Rizzi eine internationale Fan-Gemeinde auf und galt bis zu seinem Tod als erfolgreichster lebender Pop-Art-Künstler.
Würdigung eines künstlerischen Lebenswerkes
Mit dieser Ausstellung sollte zudem die Expertise des renommierten Architekten und Künstlers Eberhard Foest zu den Gesichtsdarstellungen der Moderne, sowie auch sein künstlerisches Schaffen anlässlich seines 85jährigen Geburtstags im Jahr 2020, gewürdigt werden.
Mit den Werken von Eberhard Foest wurde eine vielschichtige und
einzigartige Darstellung von Gesichtern präsentiert. Seine eigenen Werke und auch die seiner Sammlung sind allesamt Unikate. Bei der Präsentation seiner Werke legte Foest großen Wert darauf, dass sie in einer Art Gruppierung angeordnet werden. Somit erhielt die Ausstellung einen kommunikativen Charakter.
Eberhard Foest hat dem Deutschen Glasmalerei-Museum Linnich Werke aus 67 Jahren künstlerischen Schaffens für die Ausstellung zur Verfügung gestellt.
Seine Zeichnungen und Gemälde zu den Themen wie „Begegnungen“, „San Franzisco“, „Die Schöne und das Biest“ oder die Sammlungsstücke „Picasso“ von Erwin Eisch, „Herbert von Karajan“ von Karl-Heinz Haselwanger verdeutlichten seine Affinität die Kunstwerke untereinander sowie auch mit dem Betrachter kommunizieren zu lassen. Das er neben dem Zeichnen und der Malerei auch Skulpturen und Plastiken kreiert und diese mit unterschiedlichen Materialien wie Glas, Stahl oder Holz erstellt, entspringt, nach Aussage des Künstlers, einer eher spontanen Entscheidung und gewissen Neugier auf das jeweilige Material. Von der klassischen Gesichtszeichnung hin zu experimentellen Formen verdeutlicht seine 67 jährige künstlerische Laufbahn die Neugierde sowie die Freude an Entwicklung und Veränderung des Künstlers.
Insgesamt hat die Faszination an der Gesichtsdarstellung von ihren Anfängen bis ins 21. Jahrhundert hinein nicht abgenommen. Ob nun als Fotografie, Ölgemälde, Aquarellzeichnung, Kohlezeichnung, computertechnisch überarbeitete Illustrationszeichnung oder auch als Glaskunstwerk sowohl als feie Scheibe wie als Architekturfenster: Die Gesichtsdarstellungen haben bis heute in ihren Darstellungsformen und in ihren Botschaften nichts an Attraktivität verloren. Anhand von 90 Exponaten hat das Deutsche Glasmalerei-Museum einen Einblick in die Darstellungsformen von Gesichtern in der Kunst geboten.
Das Deutsche Glasmalerei-Museum Linnich dankt allen Leihgebern und Förderern, die diese Ausstellung möglich gemacht haben. In den dreieinhalb Monaten, in denen die Sonderausstellung „Gesichter im Wandel der Zeit“ zu sehen war, konnten Werke mit Darstellungen der Antike bis hin zur Pop Art betrachtet werden. Damit ist eine einzigartige Präsentation ermöglicht und umgesetzt worden.
Das Programm zur Ausstellung:
Unter Berücksichtigung der gegebenen Vorsichtsmaßnahmen, wurden auch in Zeiten der Corona-Krise Führungen und Workshops zur Ausstellungsthematik angeboten. Das Kulturrucksack-Projekt des Museums, an dem Kinder im Alter von 8 bis 14 Jahren teilgenommen haben kreierten wunderbare Gesichter auf Bildern und in Form von Plastiken. Die Werke der jungen begeisterten Künstler wurden im Rahmen einer kleinen eigenen Ausstellung Anfang Oktober den Familien gezeigt. Das Engagement der Kinder und Jugendlichen zeigte, dass der Fokus der Ausstellung immer noch aktuell ist und eine große Faszination ausübt.
Linnich 2020, Luzia Schlösser (Hg.)
Katalog zur Ausstellung im Deutschen Glasmalerei-Museum Linnich vom 19. Juli bis zum 15. November 2020
26 € Softcover, 144 Seiten, ISBN 978-3-946278-03-0